BIBB/IAB - Erhebungen

Ziele und Aufgaben

Bei den BIBB/IAB-Erhebungen handelt es sich um breit angelegte Repräsentativbefragungen von Erwerbstätigen, die gemeinsam vom Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) und vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) verantwortet und vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert werden. Da die amtliche Statistik auf der einen Seite keine vollständigen Informationen über die Qualifikation der Erwerbsbevölkerung, die Anforderungen der Arbeitswelt und das Arbeitsmarktgeschehen liefert, und das Bundesinstitut für Berufsbildung sich auf Analysen der dualen Berufsausbildung konzentriert, hat sich das IAB in Kooperation mit dem BIBB eine eigene empirische Basis geschaffen, mit der sie unterschiedlichste Aspekte von Bildung und Erwerbstätigkeit miteinander in Beziehung setzen kann. Die BIBB/IAB-Erhebungen sind somit ein Zwischenglied zwischen breiten Erhebungen, die zwar große Fallzahlen, aber begrenzten Erhebungsinhalte aufweisen (Beispiel Mikrozensus), und selektiver Erhebungen ausgewählter Personengruppen mit einem detaillierten und auf diesen Personenkreis zugeschnittenen höchst spezifischem Fragenspektrum. Überdies können mit dem Datenspektrum der BIBB/IAB-Erhebungen auch Fragestellungen beantwortet werden, an die in ihrer jeweiligen speziellen Konstellation bei der Festlegung des Fragenumfangs noch nicht gedacht wurde.

Anbieter

IAB-Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesanstalt für Arbeit, Nürnberg in Kooperation mit dem Bundesinstitut für Berufsbildung, Berlin.

Zeitraum der Erhebung

Die erste BIBB/IAB-Erhebung fand 1979 in Westdeutschland statt; ihr folgten Wiederholungsuntersuchungen in den Jahren 1985/86. 1991/92 wurde sie zum ersten Mal in den alten und neuen Bundesländern durchgeführt. Die vierte und bisher letzte Erhebung wurde 1998/1999 durchgeführt. An dieser letzten Erhebung hat sich auch die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) beteiligt. 2005/06 hat das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) gemeinsam mit der BAuA zuletzt eine Befragung von 20.000 Erwerbstätigen durchgeführt.

Anmerkung

Jede der vier Erhebungen stand unter einer spezifischen Thematik. So war es 1979 ein wichtiges Ziel, Daten zur Fortschreibung der Ergebnisse der beruflichen Mobilität der Erwerbstätigen zu erhalten. 1985/86 ging es beispielsweise darum, die Auswirkungen der fortschreitenden Computerisierung zu untersuchen und 1991/92 stand kurz nach der Wiedervereinigung der Vergleich der Arbeitsbedingungen in Ost- und Westdeutschland im Vordergrund. Thematischer Schwerpunkt der letzten Erhebung ist der strukturelle Wandel der Arbeitswelt und seine Auswirkungen auf die Arbeitsbedingungen, die Arbeitsbelastungen und auf das individuelle Mobilitätsverhalten.

In dieser Übersicht finden Sie Informationen über die wesentlichen Eckdaten der einzelnen Erhebungen.

Erhebungsverfahren

Bei den BIBB/IAB-Erhebungen wurden die Befragten auf der Basis von ADM-Mastersamples nach dem sog. Random-Route-Verfahren in ihren Wohnungen aufgesucht und durch geschulte Interviewer persönlich befragt. In Haushalten mit mehr als einem Erwerbstätigen kam, um Klumpungen zu vermeiden, lediglich eine nach dem Schwedenschlüssel ausgewählte Person in die Stichprobe. Die dadurch eintretende Design-bedingte Verzerrung der Stichprobe wurde durch Umgewichtung wieder ausgeglichen. Um die Feldorganisation der beauftragten Erhebungsinstitute nicht zu überfordern, wurde die Feldarbeit auf einen längeren Zeitraum gestreckt.

Ziel war es, eine repräsentative Stichprobe von 0,1 Prozent der Erwerbstätigen in Deutschland zu befragen. Insgesamt wurden zwischen 26.515 und 34.343 Interviews erfolgreich durchgeführt. Grundsätzlich garantiert die Auswahl der Zielpersonen über einen Zufallsmechanismus die Repräsentativität der Stichprobe. Dennoch ist allein schon aufgrund der Stichprobenvarianz mit bestimmten Abweichungen zwischen Verteilungen in der Grundgesamtheit und in der Stichprobe zu rechnen. Zudem kann es aufgrund von Verweigerungen von bestimmten Personengruppen zu systematischen Abweichungen zwischen Grundgesamtheit und Stichprobe kommen. Schließlich ist auch zu berücksichtigen, dass bei einem Random-Route-Verfahren die Stichprobenziehung auf Haushaltsbasis erfolgt und die Auswahlwahrscheinlichkeit der Personen daher in Abhängigkeit von der Haushaltsgröße variiert.

Ausführliche Informationen zu den Erhebungsverfahren und die dazugehörigen Fragebögen finden Sie hier.

Befragt wurden:

  • Personen ab 15 Jahren mit einer regelmäßigen, bezahlten Beschäftigung von mindestens 10 Stunden pro Woche
  • Personen, deren Beschäftigungsverhältnis mit einer Qualifizierung verbunden ist (z. B. Pratikanten, Volontäre, Lehramtsanwärter, Referendare, Ärzte in der Facharztausbildung, Ärzte im praktischen Jahr)
  • Ausländer, die gut genug Deutsch sprechen, um ein tragfähiges Interview zu ermöglichen
  • Bewohner von Arbeitnehmer-Wohnheimen und Privathaushalten auf dem Gelände von Betrieben, Krankenhäusern, Schulen usw. (z. B. dort lebende Hausmeister)

Nicht befragt wurden:

  • Lehrlinge (Auszubildende), sowie Schüler, die neben ihrer Ausbildung an Berufsfachschulen im Betrieb/in der Dienststelle arbeiten (z. B. Schwesternschülerinnen; Krankenpflegeschüler)
  • Personen in einer Beamtenausbildung für den einfachen und mittleren Dienst
  • Wehr- und Zivildienstleistende und andere kaserniert lebende Berufsgruppen (z. B. Bundesgrenzschutz)

Während bei der vorletzten Erhebung 1991/92 noch getrennte Stichprobenpläne für die alten und die neuen Bundesländer der Untersuchung zugrunde lagen, wurden bei der letzten Erhebung 1998/1999 einheitliche Stichprobenansätze gewählt. Insgesamt kamen 1998/99 ADM-Master-Stichproben mit knapp 3.000 Samplepoints zum Einsatz. Die Ergebnisse der von den beiden Erhebungsinstituten unabhängig bearbeiteten, in sich aber repräsentativen Stichproben wurden - wie bei den bisherigen Erhebungen - in den Variablen, für die Vergleichsdaten aus dem Mikrozensus vorliegen, mit diesen Daten verglichen. Die bei Umfragen auf Freiwilligkeitsbasis
auftretenden üblichen Verzerrungen im Vergleich zum Mikrozensus, wurden durch ein mehrstufiges, iteratives Gewichtungsprogramm korrigiert. Dabei wurden die Variablen Bundesland, Gemeindegrößenklasse, Geschlecht, Alter und Stellung im Beruf zugrunde gelegt.

Die Kontrolle und Gewichtung bezieht sich ausschließlich auf die deutschen Erwerbstätigen, da vom Stichprobendesign her die ausländischen Befragten lediglich einbezogen waren, wenn sie über ausreichende Deutschkenntnisse verfügten. Dies ist eine Positivselektion, die durch Gewichtung nicht ausgeglichen werden kann. Wollte man einen vollständigen Überblick über alle in Deutschland arbeitenden Ausländer und ihre Arbeitsplätze erhalten, wäre eine spezielle Erhebung notwendig, die mit übersetzten Fragebögen und entsprechend sprachkundigen Interviewern arbeitete. Eine derartig methodisch saubere Erhebung wäre allerdings auch mit erheblichen Zusatzkosten verbunden, für die im Rahmen des Projektes keine Mittel zur Verfügung standen.

Bei allen Analysen sollte auch berücksichtigt werden, dass in den BIBB / IAB Erhebungen (mit wenigen Ausnahmen) lediglich Erwerbstätige befragt werden und nicht das gesamte Erwerbspersonenpotenzial erfasst wird. Die Strukturen bei den Arbeitslosen und in der Stillen Reserve können jedoch von den Strukturen der Erwerbstätigen erheblich abweichen. Ein wesentlicher Grund für die Beschränkung auf Erwerbstätige ist darin zu sehen, dass ein Schwerpunkt der BIBB / IAB-Erhebungen die aktuelle Erwerbstätigkeit sowie die aktuelle Situation am Arbeitsplatz ist. Bei Arbeitslosen müsste retrospektiv an die frühere Erwerbstätigkeit angeknüpft werden. Das aber bedeutet zum Teil völlig andere Fragen und ein anderes Erhebungsdesign. Hinzu kommt, dass mit der sehr differenzierten Arbeitslosenstatistik der Bundesagentur für Arbeit viele Fragen beantwortet werden können, sodass sich eine entsprechend breit angelegte Erhebung bei Arbeitslosen für viele Fragestellungen erübrigt.

 

Art des Datensatzes

Repräsentative Umfragedaten, Querschnittsdaten

Themen/Analysenmöglichkeiten anhand der BIBB/IAB- Erhebungen:

Bei der BIBB/IAB-Erhebung handelt es sich um eine sehr breite und tiefgreifende Analyse, aus der sich vielfache Auswertungs- und Verwertungsmöglichkeiten ergeben. Nicht zuletzt geht es dabei auch um die Bereitstellung relevanter Informationen für die Beratungspraxis der Bundesanstalt für Arbeit. Soweit es beispielsweise in der beruflichen Beratung um Fragen des beruflichen Verbleibs und der Qualifikationsverwertung für bestimmte Ausbildungsberufe geht, bildet die BIBB / IAB-Erhebung derzeit die einzige Möglichkeit, diese Zusammenhänge darzustellen. Die Ergebnisse der BIBB / IAB-Erhebung schließen somit hier eine Lücke der amtlichen Statistik. So wurde z.B. im Rahmen des Mikrozensus bis 2003 nur die Fachrichtung des Fachhoch- oder Hochschulabschlusses erhoben, nicht jedoch der Ausbildungsberuf bzw. erlernte Beruf bei Absolventen einer betrieblichen Ausbildung.

Beruflich relevante Ergebnisse gewinnen vor allem dann besonderen Wert, wenn man sie nach Einzelberufen aufbereitet und analysiert. Es wurden deshalb die Verbleibsinformationen zu einzelnen Ausbildungsberufen sowie die berufsspezifischen Tätigkeits-, Kenntnis- und Anforderungsprofile für das berufskundliche Informationssystem "BERUFEnet" der BA aufbereitet. Dort ist eine Vielzahl von berufsspezifischen Informationen umgesetzt in Tabellen und Grafiken abrufbar.
Da es sich bei der BIBB / IAB-Erhebung lediglich um eine 0,1 %-Stichprobe handelt, können jedoch nur zahlenmäßig stark besetzte (Ausbildungs-)Berufe dargestellt werden. Geringer besetzte Berufe müssen z. T. zu größeren Berufskomplexen zusammengefasst werden. Dies verweist auf ein generelles Problem begrenzter Stichproben, soweit es um die berufliche Differenzierung der Ergebnisse geht.

Weitere Analysen auf der Grundlage der Ergebnisse der IAB-Erhebung beschäftigen sich beispielsweise mit:

  • der Informatisierung der Arbeitswelt
  • dem Lernort Arbeitsplatz
  • den Veränderungen im Betrieb und ihren Auswirkungen auf die persönliche Arbeitssituation
  • der beruflichen Mobilität und Wechselprozessen
  • Arbeitsbedingungen, Arbeitsbelastungen und Veränderungen auf betrieblicher Ebene
  • der beruflichen Zufriedenheit
  • dem Wandel der Erwerbsarbeit in der Zeit von 1991/92 bis 1998/99
  • Meistern und Technikern in einer sich wandelnden Arbeitswelt
  • nicht-formal qualifizierten Erwerbstätigen
  • unsicheren Beschäftigungsverhältnissen und deren Zusammenhang mit der beruflichen Qualifikation
  • der Arbeitsmittellandschaft in Deutschland
  • den besonderen Kenntnisanforderungen am Arbeitsplatz sowie dem Weiterbildungsbedarf aus der Sicht der Erwerbstätigen

Datenzugang

Da das Interesse an den Datensätzen sehr groß ist und die Auswertungskapazität des IAB begrenzt ist, werden die Datensätze der BIBB / IAB-Erhebungen auch Wissenschaftlern außerhalb des IAB zur Verfügung gestellt. Dazu werden die Datensätze von allen BIBB / IAB-Erhebungen an die Gesellschaft Sozialwissenschaftlicher Infrastruktureinrichtungen  übermittelt. Bisher haben ca. 50 externe wissenschaftliche Institutionen die Datensätze für eigene Untersuchungen genutzt.

Die BIBB / IAB-Erhebungen waren immer als „kleiner“ Mikrozensus mit detaillierterer Analysemöglichkeit verstanden worden, da der „echte“ Mikrozensus für differenzierte Analysen nur begrenzt zugänglich war. Durch die Bereitstellung
faktisch anonymisierter Datenfiles durch das Statistische Bundesamt mittlerweile für alle Erhebungen im Rahmen des Mikrozensus seit 1989 hat sich jedoch die Situation grundsätzlich verbessert. Mit diesen Datensätzen stehen dem IAB für vielfältige Forschungsfragen inzwischen die kompletten Datensätze des Mikrozensus - wenn auch zunächst mit zeitlicher Verzögerung - für Auswertungen zur Verfügung und nicht, wie früher, nur Auswahldatensätze, die zudem noch durch das zugrunde liegende Anonymisierungsverfahren zum Teil nicht unerhebliche Verzerrungen aufwiesen.

Diese veränderte Datensituation könnte Anlass sein, das Konzept der BIBB / IAB-Erhebungen grundsätzlich zu überdenken. Möglicherweise sollten zukünftig nur dort, wo der Mikrozensus "Lücken" lässt, gezielt eigene Erhebungen durchgeführt werden.

Literaturhinweis

Klaus Parmentier; Werner Dostal (2002): Qualifikation und Erwerbssituation in Deutschland - Konzeption und inhaltliche Schwerpunkte der BIBB/IAB - Erhebungen. in: Gerhard Kleinhenz (Hrsg.) (2002): IAB-Kompendium Arbeitsmarkt- und Berufsforschung. Beiträge zur Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, BeitrAB 250, Nürnberg, S. 31-55.