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P 1 - Betriebliche Personalpolitik bei technologischem und organisatorischem Wandel

Projektbearbeiter:Prof. Dr. Michael Beckmann, Universitätsprofessor an der Universität Basel
Prof. Dr. Bernd Schauenberg, Universitätsprofessor an der Universität Freiburg
Grit Mühler, Wissenschaftliche Mitarbeiterin am ZEW Mannheim

In dem geplanten Forschungsprogramm soll an ausgewählten Beispielen aufgezeigt werden, welche Flexibilisierungspotentiale sich heutzutage für Unternehmen ergeben, um auf die stetig ansteigenden Anforderungen an alle Arbeitsmarktakteure und die damit verbundene Heterogenisierung des Arbeitsmarktes reagieren zu können. Zu diesem Zweck werden vier Teilprojekte gebildet:

  1. Betriebliche Arbeitsnachfrage nach qualifizierten Frauen und älteren Arbeitnehmern im technologischen und organisatorischen Innovationsprozess: Hier steht insbesondere die Frage im Vordergrund, ob analog zu einem skill-biased technological and organizational change auch so etwas wie ein gender-biased technological change oder auch ein age-biased technological change nachgewiesen werden kann. Hängt eine für Frauen und Männer bzw. ältere und jüngere Arbeitnehmer verschiedene Arbeitsnachfrage der Betriebe von technischen und organisatorischen Innovationen ab, oder dominieren andere Effekte, wie z.B. flexible Arbeitszeiten oder Vorruhestandsregelungen?
  2. Einflussfaktoren und Erfolgswirkungen befristeter Beschäftigungsverhältnisse: Hier soll vor allem auch untersucht werden, ob befristete Arbeitsverträge in den Betrieben lediglich aus Flexibilitätsgründen abgeschlossen werden oder ob sie darüber hinaus auch zur zusätzlichen Erprobung von neuen Mitarbeitern dienen und damit den Weg in den Festangestelltenstatus ebnen. Zu diesem Zweck sollen u. a. die Produktivitätseffekte heterogener Vertragsformen (unbefristete vs. befristete Arbeitsverträge) analysiert werden. Erweisen sich Mitarbeiter mit einem befristeten Arbeitsvertrag tendenziell als produktiver oder weniger produktiv im Vergleich mit ihren festangestellten Kollegen? Als Produktivitätskennziffern kommen neben der Arbeitsproduktivität selbst auch Indikatoren, wie z. B. betriebliche Fehlzeiten, Überstunden, erwartete Motivationsprobleme bei Teilen der Belegschaft, individuelle Arbeitszufriedenheit oder sogar Arbeitsunfälle infrage.
  3. Ansätze zur Sicherung betrieblicher Humankapitalinvestitionen: Hier geht es um die Frage, auf welche Weise den Betrieben geeignete Anreize gesetzt werden können, damit diese aus Eigeninteresse und ohne wirtschaftspolitischen Zwang über eine Ausbildungsplatzabgabe ihre Ausbildungsanstrengungen intensivieren. Bei der Anreizgestaltung muss insbesondere darauf geachtet werden, dass es sich bei der betrieblichen Erstausbildung um Investitionen in allgemeines Humankapital handelt, deren Erträge es durch die Begrenzung der Arbeitnehmermobilität zu sichern gilt. Die einschlägige Literatur betont hier vor allem die Rolle von Marktunvollkommenheiten. Der in diesem Projekt verfolgte Ansatz stellt die betriebliche Personalpolitik selbst dagegen direkt und unmittelbar in das Zentrum der Überlegungen. Anreize für Betriebe zur Investition in allgemeine Qualifikationen ergeben sich, wenn die Mitarbeiter aktiv dazu bewogen werden können, auf eventuelle exit options zu verzichten und stattdessen ihre Arbeitskraft auch nach der Qualifizierung im ausbildenden Betrieb einsetzen. Als geeignete Instrumente zur Bindung ausgebildeter Arbeitnehmer werden in diesem Projekt u. a. finanzielle Anreizmechanismen, wie z. B. Gewinn- und Kapitalbeteiligungsmodelle betrachtet. Konkret sollen daher die Auswirkungen dieser Bindungsinstrumente auf die betriebliche Situation während und nach Abschluss der betrieblichen Ausbildung untersucht werden.
  4. Betriebliche Flexibilisierungspotentiale im Bereich der Entlohnungspolitik und Arbeitsorganisation: Eine wesentliche Aufgabe der modernen betrieblichen Personalpolitik besteht in der Organisation von Komplementaritäten. Dazu gehört zuallererst einmal, die komplementären betrieblichen Funktionen überhaupt zu identifizieren. Von daher soll es in diesem Teilprojekt zunächst einmal um die Identifizierung komplementärer Beziehungen beim Einsatz verschiedener personalpolitischer Instrumente gehen. Sind diese komplementären Beziehungen ermittelt, so besteht ein weiteres Untersuchungsziel in der Identifizierung der Bestimmungsfaktoren personalpolitischer Systeme. Worin unterscheiden sich z. B. die Firmen, die simultan Teamarbeit, Teamentlohnung und Qualifizierungsmaßnahmen einsetzen, von denen, die das nicht oder nur sehr begrenzt tun? Letztendlich sollen diese Untersuchungen auch dazu beitragen, die Frage nach der Kausalität im Zusammenhang mit den Produktivitätseffekten von modernen Human Resource Management-Systemen präziser als bisher zu beantworten.

Alle geplanten Teilprojekte stellen konsequente Weiterentwicklungen des derzeitigen Stands der Diskussion dar. Den theoretischen Ausgangspunkt bildet dabei die moderne Personalökonomie. Der Schwerpunkt der Analyse wird also auf der Perspektive des Betriebes und damit auf betrieblichen Strategien liegen. Für alle Themenbereiche ist eine empirisch-ökonometrische Analyse vorgesehen, die durch die Verfügbarkeit von Betriebs- und Individualdatensätzen ermöglicht wird.