Das Projektvorhaben besteht aus vier Arbeitspaketen (AP)
- die positive Analyse von Compliance (AP1), aufgeteilt in empirische Analysen klimapolitischer Vereinbarungen (AP1.1); eine Befragung mit Klimaverhandlern (AP1.2) sowie theoretische und empirische Untersuchungen von internationalen Umweltabkommen (AP1.3)
- die normative Analyse von Compliance (AP2), aufgeteilt in theoretische und experimentelle Untersuchungen unterschiedlicher Monitoring-, Reporting-, Verification- und Enforcement (MRV&E) -Regime (AP2.1) sowie experimentelle Untersuchungen von „soften“ Compliance Mechanismen (AP2.2)
- die strategische Analyse von Compliance (AP3), aufgeteilt in Untersuchungen aus der Perspektive „compliance-williger“ Staaten (AP3.1), theoretische und experimentelle Analysen der Compliance-Orientierung in Verhandlungen (AP3.2), sowie die Analyse unterschiedlicher Durchsetzungsmechanismen, einschließlich Handelsbeschränkungen (AP3.3)
- und schließlich die Kommunikation und Verbreitung der Ergebnisse (AP4)
Die Projektarbeit wird von drei Workshops begleitet, in denen der Austausch mit dem wissenschaftlichen Beirat und den Praxispartnern stattfindet
Arbeitspaket 1: Positive Compliance-Analyse (Koordinator: Universität Mannheim; Partner: ZEW, Universität Kassel, Universität Heidelberg)
AP 1 sammelt stark benötigte empirische Nachweise für die Effektivität der Monitoring- und Durchsetzungsbestimmungen internationaler Umweltabkommen (IEAs). Dazu verbindet das AP existierende Datensätze auf neue Weise, sammelt neue Umfragedaten und nutzt diese Datensätze für das Testen von Hypothesen zu Monitoring und Geltendmachung von Verträgen.
AP 1 befasst sich vor allem mit dem UNFCCC und seinen Folgeabkommen, dem Kyoto-Protokoll und dem Abkommen von Paris. Die Erfahrung mit MRV&E-Verfahren unter dem Kyoto-Protokoll wird detailliert betrachtet, dazu gehören auch die Regeln, die dem Emissionshandel (EHS) zwischen den Annex-I-Staaten zugrunde liegen. Die Implementierung des EU-EHS erforderte die Schaffung von MRV&E-Regeln auf Anlagenebene. AP 1 nutzt Anlagendaten über einen Zeitraum von mehr als zehn Jahren aus dem EU-EHS-Register (EUTL), um die Anzahl der Non-Compliance-Fälle im EU-EHS zu dokumentieren. Außerdem wird die Berichtserstattungsgenauigkeit beurteilt, basierend auf neuverknüpften Daten zur Luftverschmutzung in Hinblick auf Freisetzung und Transfer, die die Universität Mannheim zusammengestellt hat. Weiterhin werden die Determinanten für das Compliance-Verhalten individueller Firmen untersucht, mithilfe bisher ungenutzter Umfragedaten aus Martin et al. (2014).
Bezüglich des Pariser Abkommens soll eine Umfrage unter den Klimaverhandelnden durchgeführt werden, um die Faktoren zu beleuchten, die Einfluss nehmen auf die (erwartete) Compliance, z.B. Vermeidungskosten, politische Glaubwürdigkeit oder die Beteiligung nicht-staatlicher Akteure (Falkner, 2016).
Obgleich auch andere IEAs dem Problem von MRV&E gegenüberstehen, beinhaltet nur ein Teil von ihnen Bestimmungen zum Informationsaustausch und nur wenige Bestimmungen zur Verifizierung und Durchsetzung (IEA Database Project, 2016). AP 1 nutzt ein eigens entwickeltes analytisches Modell, um prüfbare Hypothesen zu den Faktoren abzuleiten, die Einfluss nehmen auf das Vorhandensein von MRV&E-Bestimmungen als Gleichgewichtsergebnis eines IEAs.
Arbeitspaket 2: Normative Compliance-Analyse (Koordinator: Universität Kassel; Partner: Universität Heidelberg)
AP 2 beinhaltet eine umfassende Analyse und einen Vergleich möglicher Compliance- und Durchsetzungsmaßnahmen. Dabei werden die Maßnahmenkosten sowie die Asymmetrie der Akteure bezüglich der Compliance-Vorteile und -Kosten miteinbezogen. Es besteht aus zwei Teilen.
Teil 1 stellt eine Ausweitung der bisherigen theoretischen und experimentellen Ergebnisse zu den Verhaltens- und Wohlfahrtsimplikationen dar, die aus den kostenintensiven und auf zentralem Monitoring basierenden Durchsetzungsmaßnahmen resultieren (z.B. McEvoy und Stranlund 2009; McEvoy et al., 2011). Als alternative Maßnahmen werden Selbstberichterstattung und gegenseitiges Monitoring eingeführt. Hier werden die Ergebnisse und die endogene Maßnahmenwahl miteinander verglichen (Barrett und Dannenberg 2016a; Gürerk et al. 2006; Sutter et al. 2010). Im Hinblick auf die Durchsetzung werden die Dezentralisierung und die „Selbstbestrafung“ (Cherry und McEvoy 2013) im Rahmen kostenintensiver kombinierter Maßnahmen zu Monitoring und Durchsetzung untersucht (Goeschl und Jürgens 2011). In Experimenten werden die theoretischen Ergebnisse auf Zuverlässigkeit überprüft. Zudem wird die Effektivität mithilfe von Treatments mit variierend präzisem Monitoring betrachtet. Dies bildet die Grundlage für einen Vergleich zwischen bestehenden Maßnahmen und möglichen Alternativen.
In Teil 2 wird eine experimentelle Betrachtung „softerer” Compliance-Mechanismen unternommen, vor allem des mehr und mehr genutzten Mechanismus “naming and shaming” (Cooley und Snyder, 2015). Das Pariser Abkommen mit seinem Monitoring- und Bestandsaufnahmesystem, das finanzielle Sanktionen bei Nichteinhaltung absichtlich ausschließt, ist ein Paradebeispiel. Es hat sich gezeigt, dass „naming and shaming” das individuelle Verhalten beeinflusst (z.B. Andreoni und Petrie, 2004; De Hooge et al., 2008; Sznycer et al., 2016). Jedoch liegen keine Studien für Gruppen von Individuen, z.B. Länder, vor. Teil 2 schließt diese Lücke, indem das Verhalten von Gruppen und ihren Stellvertretern unter dem Naming-And-Shaming-Mechanismus untersucht wird.
Arbeitspaket 3: Strategische Analyse (Koordinator: Universität Heidelberg; Partner: Universität Kassel)
Mithilfe der Informationen aus AP 1 und 2 werden in AP 3 spezifische strategische Empfehlungen entwickelt, und zwar dafür, wie Länder, die sich stark engagieren sowie der Transparenz und Einhaltung von Umwelteinkommen einen hohen Stellenwert beimessen, sich gegenüber Ländern verhalten sollten, die diesen Aspekten einen niedrigen Stellenwert zuschreiben. Basierend auf der Wirtschaftstheorie und Experimenten werden diese Empfehlungen in AP 3 in zwei Teilen entwickelt.
In Teil 1 werden die Folgen für Verhalten und Governance, die sich aus der heterogenen Transparenz und Compliance-Orientierung ergeben, analysiert. Die Theorie der endogenen Ehrlichkeit bei Regelungen (Heyes 2001) wird auf ein Setting erweitert, in dem die Regelungen gemeinsam von mehreren Ländern vereinbart werden. Im Rahmen eines Experiments wird die wachsende Literatur zu Asymmetrien zwischen den Akteuren in sozialen Dilemmata genutzt (Glöckner et al. 2012; Khadjavi et al. 2014, Kube et al. 2015) sowie ihr Einfluss auf endogene Institutionen, um zu erforschen, wie heterogene Transparenz und Compliance-Orientierung das Verhalten und den sozialen Wohlstand beeinflussen. Unter bestimmten Bedingungen könnten Länder die Heterogenität strategisch ausnutzen (Khadjavi et al. 2014; Kube et al. 2015). Die Heterogenität wird in den Experimenten durch asymmetrische Begrenzungen des Handlungsspielraums von Ländern und Variationen der Nichteinhaltung und fehlerhaften Berichterstattung von Kosten umgesetzt.
Teil 2 befasst sich mit Möglichkeiten, die engagierte Länder nutzen können, um Druck auf Nachzügler auszuüben, z.B. in dem Klimapolitik mit anderen Bereichen, wie dem Außenhandel, verknüpft wird. Nordhaus (2015) untersucht die Folgen von Handelsabkommen zwischen einer Koalition von Stellvertretern, die darauf abzielen, Nachzügler zur Einhaltung zu bringen. Sein numerisches Modell zeigt, dass die Koalition unter bestimmten Bedingungen eine universale Mitgliedschaft unterstützen kann. Die Analyse sagt jedoch nichts darüber aus, wie eine solche Koalition entsteht: Spontan als eine Gruppe weniger gleichgesinnter engagierter Länder oder geplant in Top-Down-Manier? Zur Klärung dieser Fragen und zur Ergänzung der numerischen Analyse von Nordhaus werden Experimente basierend auf simplen spieltheoretischen Modellen durchgeführt.
Arbeitspaket 4: Kommunikation und Verbreitung der Ergebnisse (Koordinator: ZEW Mannheim; Partner: Alle)
Während des gesamten Projekts wird die Kommunikation mit der wissenschaftlichen Gemeinschaft, den relevanten Praktikern und der Öffentlichkeit über diverse Kanäle sichergestellt. Die Projektergebnisse werden bei nationalen und internationalen Workshops und Konferenzen vorgestellt. Sie werden weiterhin in Arbeitspapierserien veröffentlicht, z.B. als ZEW Discussion Papers, und bei wissenschaftlichen Zeitschriften mit Peer-Review eingereicht. Ein Beirat von Wissenschaftlern und Praktikern wird errichtet. Zwei Workshops werden abgehalten, um den Beirat in die Ausgestaltung der Forschung und die Ergebnisdiskussion miteinzubeziehen. Die beiden Workshops werden auch die interdisziplinäre Kooperation vertiefen und Forschern aus unterschiedlichen Bereichen sowie Politikern die Möglichkeit geben, Wissen und Ergebnisse über die Ökonomik von MRV&E-Systemen auszutauschen. Dieses Wissen legt die Grundlage für Empfehlungen gegenüber Politkern zur Implementierung effektiver MRV&E-Systeme. Die Ergebnisse des Projekts werden der allgemeinen Öffentlichkeit zugänglich gemacht über (i) einen Newsletter, (ii) Pressemitteilungen (je nach Relevanz), und (iii) diese Projektwebseite.